Westliche Reinkarnationslehre
Reinkarnationsglaube der Antike
Antikes Griechenland
In Europa sind aus dem antiken Griechenland die Schriften des Dichters Pindar von 476 v.Chr. erhalten geblieben. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass die Vorstellung der Seelenwanderung noch weiter in Zeiten zurückreicht, in der noch keine Schrift bekannt war. Als bekanntester und in den Schriften dokumentierter früher Verfechter der Reinkarnationslehre gilt Pythagoras (550 v.Chr.), der diese Lehre zu einem Bestandteil der griechischen Philosophie machte.
Weitere bedeutende Vertreter der Reinkarnationslehre innerhalb der griechischen Philosophie waren Empedokles (ca. 490-435 v. Chr.) und Platon (ca. 428-348 v.Chr.). Empedokles lehrte, dass die unsterbliche Seele schon vor der Geburt existiert (Präexistenz) und göttlichen Ursprungs ist.
Infolge moralisch schlechter Taten müsse sie sich in zahlreichen Verkörperungen reinigen, um ihren göttlichen Status wieder zu erlangen. Dem liegt der Gegensatz der metaphysischen Prinzipien der Liebe und des Hasses zugrunde. Der Hass verleitet Menschen zu Gewalttaten, derentwegen sie sich erneut in menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Körpern inkarnieren müssen. Die Reinigung erfolgt durch Gewaltlosigkeit einschließlich einer vegetarischen Ernährung. Mit den etwa zeitgleichen hinduistischen und buddhistischen Lehren stimmt Empedokles insofern überein, als die körperliche Existenz als leidvoll betrachtet wird. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass er in der Verkörperung den Weg zur Erlösung sieht (durch eine entsprechende Lebensführung), während nach den indischen Lehren die Erlösung durch besondere, darauf angelegte Verrichtungen angestrebt wird.
Platon baute die Vorstellungen des Empedokles weiter aus. Er war der einflussreichste Vertreter der Seelenwanderungslehre im antiken Europa und beeinflusste, bzw. prägte zahlreiche jüdische, christliche und islamische Philosophen der späteren Zeit in kaum zu überschätzendem Maß. Nach seiner Darstellung lebten die menschlichen Seelen ursprünglich im Bereich der unvergänglichen göttlichen Urbilder oder Ideen. Aufgrund verschiedener niederer Beweggründe entfremdeten sie sich jedoch diesem Zustand unvergänglicher Seligkeit, was schließlich zum körperlichen Dasein führte. Auch im verkörperten Zustand habe die Seele aber noch schwache Erinnerungen an ihr früheres gottgleiches Dasein, und daher strebe ihr höherer Teil, die Vernunft, nach der Erlösung aus dem Gefängnis, als welches Platon den materiellen Körper bezeichnete, während die niederen Begierden die Seele an das Materielle binden wollen. Der Weg zur Erlösung von der körperlichen Existenz besteht nach Platon in der Verwandlung niederer Begierden in Tugenden. Die Seele hält Platon für individuell und unsterblich. Platon war davon überzeugt, dass die Seele nach dem Tod des Körpers ins Jenseits zurückgeht, wobei die dortigen Daseinsbedingungen vom Verhalten im irdischen Leben abhängen. Nach der Begutachtung durch ein Gericht lebt die gute Seele im Jenseits in einem sorgenlosen befreiten, gottähnlichen Zustand. Nach einiger Zeit verkörpert sich die Seele erneut, um durch ein „Wieder-Werden“ den Lernprozeß auf Erden fortzuschreiben. Durch das jenseitige Gericht für schlecht befundene Seelen erfahren, wenn sie bereits auf Erden Reue gezeigt hatten, Strafe und Reinigung durch die Bitte um Vergebung bei den Opfern. Eine Erlösung aus diesem fortwährenden Lernprozesses bis zur Vollkommenheit war für Plato nur für durch die Philosophie gereinigten Seelen möglich.
Reinkarnationsglaube der Römer
Die Ansichten der Römer über ein Leben nach dem Tod änderten sich im Laufe der Jahre und waren nicht homogen. Nach allem was uns überliefert ist, gab es keine einheitliche Vorstellung des Weiterlebens nach dem Tod.
Einerseits gab es die Vorstellung einer Verkörperung auf der Insel der Glückseligen, andererseits existierte dort auch so etwas wie ein freudloses Schattendasein. Auch die Bestattungsrieten variierten anfänglich zwischen der Brandbestattung und der Körperbestattung in späteren Jahren.
Nach und nach fand die griechische Philosophie und der Glaube an die Wiedergeburt auch ihren Einzug in die römischen Kultur. Dies gilt insbesondere für die gebildeteren Schichten. Insbesondere Cäsaren vereinnahmten den Glauben an die Wiedergeburt ,um sich als lebende Inkarnation eines Gottes huldigen zu lassen.
Grundsätzlich gingen die Römer aber davon aus, dass die Verstorben im Jenseits die gleichen Bedürfnisse wie die Lebenden aufwiesen. Darum legte man den Gräbern Teller, Becher, Lampen, Lebensmittel und Waffen bei, wie noch heutige Grabfunde belegen. Den Verstorbenen wurde teilweise, als Lohn für die Dienste des Fährmann der den Verstorbenen in das Jenseits brachte, eine Münze unter die Zunge gelegt.
Reinkarnation im Christentum
Ursprünglich war dieser Glaube an die Wiedergeburt und damit das Überleben der Seele nach dem Tod ein fester Bestandteil des christlichen Glaubens.
Allerdings ist die Bibel nur eine Zusammenstellung verschiedener Schriftstücke unterschiedlicher Autoren, denn das Christentum war anfangs nur eine Art philosophische Glaubens- und Lebenseinstellung. Und so wurden aus ihr im Jahre 325, auf Drängen des Kaiser Konstantin, der den Christen als Gegenleistung seinen persönlichen Schutz und Unterstützung anbot, die Schriften des berühmten Kirchenvaters Origenes von Alexandrien entfernt.
Zu den nur noch fragmentarisch erhaltenen Lehrsätzen Origenes zählt u.a. „ Jede Seele kommt in die diese Welt, gestärkt durch Niederlagen ihres früheren Lebens.“
Unter dem oströmischen Kaiser Justinian wurde im Konzil von Konstantinopel im Jahre 553 der Glaube an die Reinkarnation (lat.: Wieder in das Fleisch gehen) also der Wiedergeburt der Seele in einem anderen menschlichen Körper, unter Strafe gestellt. Dennoch sind trotz dieser „Säuberungsaktion“ einige Stellen in der Bibel verblieben, die dieses urchristliche Wissen belegen.
Z.B. Matthäus 17, Vers 10-13: "Warum sagen die Schriftgelehrten, dass Elias zuerst kommen muss? Und Jesus antwortete: 'Elias ist schon gekommen und sie haben ihn nicht erkannt.' Da wussten sie, dass er von Johannes dem Täufer sprach."
Markus 6, Vers 14-16: "Der König Herodes hörte von Jesus; denn sein Name war bekannt geworden, und man sagte: Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden; deshalb wirken solche Kräfte in ihm. Andere sagten: Er ist Elija. Wieder andere: Er ist ein Prophet, wie einer von den alten Propheten. Als aber Herodes von ihm hörte, sagte er: Johannes, den ich enthaupten ließ, ist auferstanden." (Der Prophet Elija lebte ca. 870 v.Chr.)
Weitere Stellen sind siehe u.a. Markus 8,28 - Lukas 9,8 - Matthäus 14,1-2
Der erste Kreuzzug richtete sich gegen Christen
Was für uns heut zutage weitestgehend unbekannt ist, ist die Tatsache, dass es trotzdem Christen gab, die bis ins 14. Jahrhundert an der Wiedergeburt festhielten. Dies war die Glaubensgemeinschaft der Katharer.
Diese, sich selbst als die „wahren Christen“ bezeichnende Glaubensgemeinschaft, hatte besonders zwischen 1150 – 1300 im Süden Europas einen immensen Zulauf. Die römische Kirche jedoch wollte keine christliche Gegenkirche tolerieren und startete aus diesem Grund in den Jahren 1209 – 1229 den Albigenserkreuzzug.
In diesem „heiligen Kreuzzug“ gegen die christlichen Glaubensbrüder wurden die Katharer gnadenlos massakriert und abgeschlachtet. Um die so genannten „Ketzer“, bei diesem Ausdruck handelt es sich um eine Verballhornung der Katharer, auch gänzlich auszurotten, führte die römische Kirche letztendlich die Inquisition ein, die über Jahrhunderte in Europa wütete. Der letzte Katharer fiel, lt. Kirchenakten, 1342 in Florenz der Inquisition zum Opfer.
Auf diese Art ist in Europa letztlich allen Christen vorgeschrieben worden was sie zu glauben hatten. Dieses jahrhundertealte, manipulierte Glaubensgut ist so in unserem Kulturkreis von Generation zu Generation weitergereicht worden, ohne jemals wieder kritisch hinterfragt worden zu sein. Die Vorväter hatten es als richtig eingestuft und die folgenden Generationen gingen zwangsläufig davon aus, dass sich dieses traditionelle Glaubenssystem bewahrheitet hatte.
Erst seit Anfang des letzten Jahrhunderts, bedingt durch den technischen Fortschritt, wurde der Austausch zwischen den Völkern, Wirtschaften und Kulturen intensiver und so fanden mit dem Handel auch östliche Glaubens- und Wertesysteme
ihren Weg zu uns nach Europa.